
Rückblick auf den 20.10.2022: Herbstmorgen – Herbst steht für Vergänglichkeit. An diesem Morgen war noch alles grau. Dichter Nebel hüllte das bunte Blattwerk ein, verbarg das Blau des Himmels. Dieser Morgen war so anders als viele zuvor. Dichter Nebel hüllte auch uns ein, er legte sich fast schützend über die innere Klarheit, über das Bewusstsein, dass Dein Ende, geliebter Tapsi, nahe war.
Einige Tage schon, hattest Du Dein Futter eher mäkelig gefressen. Gestern dann gingen sogar die Leberwurstbrote nur schwierig herunter, wenigstens jene Stücke, auf denen Deine Tabletten versteckt waren, hattest Du geschluckt. Für den Abend hatte ich Dir Hähnchenbollenfleisch gekocht. Dazu in der Kochbrühe Kartoffeln gegart. Das liebtest Du. Und Du hast es gefressen. Leider nur, um es nach kurzer Zeit wieder auszuspeien. Die Klarheit nahm Gestalt an.
Heute morgen dann, als ich Dir Deine Leberwursttoasts reichte, verweigertetest Du. Ich ließ sie Dir stehen, Du wechseltest den Platz.
Wir wussten es. Und riefen den Tierarzt an. Kein Leid – das hatten wir Dir versprochen. Kein Leid, keine Qual…wenn Dein Körper Dich verließ, solltest Du schlafen dürfen. Du gingst in die Praxis… Keine langen Untersuchungen mehr. Es war alles bereits geklärt. Eine weiche Decke wurde ausgebreitet. Du legtest Dich hin, schautest zu, wie Dir die Kanüle gelegt wurde. Du warst entspannt. Und als Dir die Injektionen gesetzt wurden, sahen wir aus tränennassen Augen, wie Du zufrieden eingeschlafen bist. Doch dieser Schlaf sollte für immer wären.
Dein Weg war zu schwer geworden und wie wir es Dir versprochen hatten: Wenn Dein Weg zu schwer wird, geliebter Tapsibär, werden wir Dir helfen, Deine Flügel auszubreiten und zu fliegen.
Heute nun – über einen Monat nachdem Du fort geflogen bist – finde ich die Kraft, auch für unseren CampersLust-Blog einen Beitrag zu verfassen, der Dir hoffentlich gerecht wird.
Seit März nun war es so, dass wir Deinem Sterben zusahen, lieber Tapsi. Natürlich, das gesamte Leben ist der Weg zum Tod. Es liegt an uns, ihn positiv zu gestalten. Ich denke, es ist uns gelungen, Deinen Lebensweg gut zu gestalten, nachdem Du mit Deiner Mama 2008 zu uns kamst. Du ängstliches Bündel, welches sich damals nach Eurer Ankunft bei uns daheim in die schmale Ecke neben das 240 l Aquarium quetschte. Du fielst in Schockstarre, sobald Dich etwas erschreckte. Und es war vieles, was Dich erschrecken ließ. Und es war das alltägliche Leben selbst, welches Dir Angst einflößte.
Hundeschule…denn zunächst einmal mussten wir lernen, Euch zu nehmen. Die Suche gestaltete sich nicht einfach. 2008 wart Ihr rumänischen Straßenhunde noch eher rar. Eine heute nicht mehr existente Hundeschule riet uns, dass Ihr direkt eingeschläfert werden solltet, ein richtiges Leben sei Euch eh nicht möglich. Andere nahmen nur Welpen. Eine wollte Eure Dominanz brechen. Deine kleine Mama ging schließlich nach vorn. Ja, während Du in Schockstarre gegangen bist, ging Momo nach vorn – aus Angst und Unsicherheit. In Lüdenscheid fand sich eine gute Hundeschule. In einigen Einzelstunden bekamen wir die Anleitung. Angefangen mit „Kein Mitleid“, was uns bei Übernahme im Tierheim schon gesagt wurde. Weiter mit „Konsequenz“. Waren wir nicht absolut konsequent, wurdet Ihr unsicher. Oh könnte ich heute mir selbst gegenüber so konsequent sein, wie unseren Hunden gegenüber. Welch gute Lehrer seid Ihr uns gewesen.
Wir gingen unseren Weg. Gemeinsam gingen wir voran. Manchmal folgten einem zaghaftem Schritt voran dann auch wieder drei zurück. Für die Fehler, die ich dabei machte, bitte ich Dich um Verzeihung, kleiner Bär. Es tut mir leid.
Aber entgegen der Spekulation vieler wurdet Ihr gang „normale“ Hunde. Auch etwas, was ich lernte. „Schaue bewusst, wer da meint, Dir Ratschläge zur Hundeerziehung geben zu müssen!“ Ganz viele Menschen kennen ganz, ganz viele Wege. Jeder von Ihnen meint, sein eigener Weg sei der goldene Pfad der Weisheit. Wir lernten, Sie reden zu lassen.
Ihr wart perfekt für uns. Viele Reisen, zunächst nach Südtirol zu Frau Waldner, die wir ja mit Herkules an unserer Seite schon kennenlernen durften. Dort habt Ihr die Partschinser Kampfhühner kennengelernt, in Bergseen gebadet, kanntet den Pragser Wildsee noch, als es dort noch schön war. Ihr habt Pässe mit uns bewandert und unzählige Male im Café Darling in Meran an der Passer Promenade Capucchino und Saft genossen, während Euch auf einem kleinen silbernen Tellerchen Hundeleckerli serviert wurden.
Später noch mit dem Wohnwagen…Nordsee, Ostsee, Südtirol, Bayern, die Niederlande, Tschechien, Luxemburg, die Eifel, Frankreich. Ferienwohnung, Hotel, Wohnwagen, Kastenwagen, Restaurants, Shoppingtouren, Wanderungen in den Bergen, am Meer und in diversen Flüssen und Seen…für Euch galt „Hauptsache dabei“. Auch als Deine Demenz kam, lieber Tapsi, unser Wohnwagen wie unser Van waren Dein Heim und Dir immer vertraut. Wie wunderschön Du auch in diesem Jahr noch auf den Reisen entspannen konntest. Ein letzter Trip über die Deutsche Alpenstraße, auch wenn das Wetter bescheiden war. Der Abschluss mit einem Besuch am Chiemsee. Deine Augen strahlten, als Du darin gebadet hast.
Als wir mehr und mehr Interesse am Bootsfahren fanden – Du und Momo, Ihr wart dabei. Unvergessen der Tag, als wir die Leistung der Batterie unseres Schlauchbootmotors unterschätzten. Schwimmend zogen wir das Boot quer über die Bigge zur Slipstelle zurück. Vorbei am FKK-Strand, dessen Gäste sich sicher wunderten, sahen sie doch auf den ersten Blick zwei Hunde herrenlos in einem Schlauchboot über die Talsperre treibend.
Mit Finchen, unserem Kajak ging das schon besser. Das liebtet Ihr.
Sparrow lernte Momo schon nicht mehr kennen. Aber Du lerntest sie kennen und wie Captain Jack Sparrow zeigtest Du Dich als Kapitän des kleinen Motorbootes, der es mit schaukelnder ja fast trunkener Sicherheit über die Kanäle des Ruhrgebietes navigierte. Niemals werden wir vergessen, wie Du, als wir eine Nacht auf dem Boot im Hafen verbringen wollten, schwankenden Ganges zum Spaziergang aufbrechen wolltest, der jedoch unweigerlich nur im Hafenbecken hätte Enden können.
Nachdem am 3. Oktober 2018 Momo ging, brach eine Welt für Dich zusammen. Du mochtest nicht mehr. Du zogst Dich zurück. Futter? Nein! Laufen? Lustlos! Es war schnell klar, dass wir wieder eine Begleitung für Dich finden mussten. Schon nach 14 Tagen zog Maja ein. Sie gab Dir wieder Lebensmut. Ihre Offenheit tat Dir so gut. Ein absolutes Dreamteam wurdet Ihr. Nachdem Du Anfang 2019 Deine Zahn-OP hattest, gab sie auf Dich Acht. Als Du mit Medikamenten auf Deine Spondylose und HD eingestellt wurdest, nahm sie Rücksicht. Getobt wurde nur noch, wenn Du es wolltest. Und wenn Maja sah, dass Du nicht so standfest war, wandte sie sich, bei Deinen Tobeversuchen ab. „Lass es, hat heute keinen Zweck!“
Doch mehr und mehr spürten wir, dass Du alt wurdest. Ein rüstiger Senior…fraglos. Die Weisheit des alten Hundes – Du standest inzwischen über den Dingen, hast eine wunderbare Ausgeglichenheit entwickelt. Ja und je älter Du wurdest, desto mehr wurdest Du auch mal zum – Entschuldigung – „Arschlochhund“. „Mir doch egal“, stand Dir oftmals ins Gesicht geschrieben. Aber dennoch hast Du Deine Liebenswürdigkeit nie verloren.
Auch die kleine Pami fandest Du beim kennenlernen vergangenes Jahr ganz ok. Und so begleitete sie Dein Leben neben Maja. Zwei Engel für Tapsi. Beide Mädels scheinen seither über Dich zu wachen. Kein fremder Hund durfte Dir zu nahe kommen. Da gaben sie schon Acht.
Es hätte lange so weitergehen können, eigentlich auf ewig. Doch im März bautest Du mit einem Mal rasant ab. Nach längeren Untersuchungen gab es die Diagnosen. CNI, Schädigungen der Bauchspeicheldrüse, kleine, nicht nur gutartige Tumore in der Milz. Wir bekamen unterstützende Medikamente. Von nun an galt nur noch, Dir eine gute Zeit zu machen. Mehr noch als zuvor. Es könnten Wochen sein oder nur Tage. Es wurden sieben intensive Monate.
Ich denke, es ist uns gelungen, Dir diese Zeit noch richtig schön zu machen. Es gab schlechte Tage, keine Frage. Tage, an denen wir dachten, ok – morgen kommt der gefürchtete Tag. Doch „morgen“ zeigtest Du uns immer wieder den Stinkefinger und wirktest wieder fit. Es waren Gott sei Dank nur sehr wenige schlechte Tage. Wir hatten noch eine schöne Tour an die Ostsee. Du konntest den Strand genießen und in der Ostsee baden. Wir waren am Steinhuder Meer, in Hattingen an der Ruhr und selbst die Alpen hast Du nochmal besucht. Dein erstes Bad im Chiemsee hast Du genommen. Und irgendwie schienen unsere Reisen und Ausflüge Dir immer wieder Kraftschübe zu geben. Natürlich war es anders. Alles richtete sich danach, was Du konntest und wozu Du noch die Lust und Kraft hattest. Wie daheim, so unterwegs ging dann halt einer von uns mit den Ladys und einer machte sich eine schöne Zeit mit Dir.
Viele Dinge haben sich im letzten Jahr mit Dir geändert. Wieder einmal warst Du uns ein Lehrer. Ein Lehrer im Akzeptieren, im Sein lassen, aber auch im Aushalten. Deine Pillenbox wurde Routine. Dein Abschied wurde „Alltag“. Deine morgendlichen Leberwursttoasts – ungetoastet. Dein Nierenfutter, aber auch schnell mal auf was Megaleckeres – gerne Nudeln mit Bolognese -wechseln, wenn Du keinen Bock auf Nierenfutter hattest oder es bei Bedarf zu pimpen.
Qualität geht vor Quantität. Was bringt einem ein langes Leben, wenn man es nicht genießen kann.
Du warst ein großartiger Hund und für immer wirst Du uns mit Momo und Herkules in unseren Herzen begleiten. Danke für 14 wundervolle gemeinsame Jahre – für großartige Erlebnisse.

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