Sehen – Hören – Fühlen … und Verstehen
Der Heimattourist macht seiner Bezeichnung gerade alle Ehre und bleibt für Ziel 2 von 100 im heimischen Sauerland. Von Lenhausen aus zog es uns an diesem winterlich kalten Sonntag ins ca. 30 km entfernte Lüdenscheid ins erste Science Zentrum Nordrhein-Westfalens. Für Kinder perfekt geeignet – als Erwachsener muss man sich ein wenig mehr drauf einlassen oder aber: Einfach gerne rumspielen und ausprobieren.
Menschen, die Krach und Tumult nicht mögen, sollten vielleicht in der Woche vormittags in die Phänomenta gehen. Ich persönlich fand die Atmosphäre des Erlebens von Klein und Groß gemeinsam einfach klasse.
Die Phänomenta in Lüdenscheid wurde 1996 nach Vorbild der Flensburger Phänomenta inn der Lüdenscheider Ernst Grüber Fabrik eröffnet. Als die Exponate mehr und mehr wurden, genügte das Gebäude schnell nicht mehr und die ehemalige Fabrik wurde mehr und mehr erweitert. Schließlich wurde 2013 im 75 m hohen Turm das größte Kaleidoskop Europas erbaut. Inzwischen findet man in der Phänomenta rund 170 Exponate, die selbst den größten Physikmuffel begeistern.
Als Physikmuffel können wir uns nun nicht bezeichnen. Stefan als Elektroniker eh nicht und ich fand alles physikalische, was abseits des Klassenzimmers geschah, durchaus interessant (Die Schwerkraft, der Feind der Frau! :-))
Parkmöglichkeiten gibt es direkt vor Ort und so tigerten wir vom Parkplatz aus zum Gebäude, wo wir von einem Rad fahrenden Einstein empfangen wurden.
Beim Bezahlen des Eintritts erhält man einen kleinen Kunststoffball, welcher mit einem gefederten Kolben einer Flipperkugel gleich in die große Kugelbahn geschickt wird. Anfangs bewegt er sich chaotisch, planlos (Warum muss ich gerade an die Gedanken in meinem Kopf denken? *grübel*), wird eventuell zufällig durch eine Archimedische Scheibe aussortiert und gelangt zurück zum Start oder erreicht den zweiten Teil der Bahn, wo er durch allerlei Mechanik vorangebracht wird. Den dritten Bereich der Bahn beherrscht wieder der Zufall. Wirr trubelt die Kugel durch diverse Haushalts-, Spiel- und Sportgegenstände, bevor sie im vierten Teil, in den sie mit einer Archimedischen Schraube getrieben wird, Teil eines Binärzählers wird.
Im ersten Raum sahen wir einen Rundumblick über Lüdenscheid. Die Stadt im Zeitraffer eines Tages…eintauchen, innehalten und das Gesehene auf sich wirken lassen…das „Phänorama“ genießen…ein Blick nach oben gibt einem schon einmal einen Vorgeschmack auf das riesige Kaleidoskop.
Als nächstes erreichten wir den Bereich „Farbforschen“ mit seinen verschiedenen Exponaten, die sich der Welt der Farben widmen.
Welche Farbe nimmt wieviel Wärme auf? Was geschieht, wenn man mit Farben duscht? Welche Farben kann ich aus den drei Grundfarben mischen? Können Kristalle leuchten? Geschwindigkeit, ein Seil und Licht – was passiert? Wie schauen die radioaktiven Teilchen aus, die uns permanent umgeben? Wie transparent ist Transparentes denn wirklich? Und wie bunt sind unsere tristschwarzen Schatten? Welche Farbe hat das Licht? Kälte – Wärme – nur subjektiv? Welche Farben erzeugt die Temperatur unseres Körpers und was geschieht im Spiegelkabinett?
Der Zylinder zur letzten Frage bietet eine perfekte Überleitung in den nächsten Bereich „Von Strahlen und Spiegeln“. Wer mag keine Seifenblasen – vor allem, wenn es Besondere sind – und wer kann sie blasen? Wie ist es, selbst einmal Teil eines Kaleidoskops zu sein? Welches Spiel spielen die Schatten? Können sie einfrieren? Wie wirken gespiegelte Farbtafeln? Wie formt die Biegung eines Spiegels unsere Körper?
Für uns ältere Semester ist es einfach…nun ähm…unheimlich beeindruckend (Euphemismus für erschreckend!) die Topographie unseres Gesichts oder Nah- … Extrem-Nahaufnahmen der alternden Haut zu sehen. Das braucht man einfach, um sich richtig alt zu fühlen.
Als kleine Entschädigung gab es den Blick in die Unendlichkeit und hey, in meiner Unendlichkeit sah ich Stefan, wenn das mal kein gutes Omen ist.
Die Treppe hinauf gelangten wir zu „Unter Strom und Spannung“ und „Sehen und Hören“. Beißen elektrische Flöhe oder kann man sie hüten? Was hat ein Pferdeschwanz mit unserer Wahrnehmung zu tun? Und überhaupt, wie wahr ist, was wir sehen und wie sehr lassen wir uns von unseren Augen täuschen? Brennstoffzelle und Hörnerblitzableiter mal ansehen und austesten, aber den Blitz natürlich nur hinter dickem Glas. Nicht, dass uns etwas passsiert. Selbst Energie erzeugen im Ergometer und was muss man hier machen, um den Ventilator in Schwung zu bringen?
Als Fan der Serie „The Big Bang Theory“ war es großartig, auch mal das Theremin zu spielen und so leicht wie es aussieht ist das wahrlich nicht. Hörmemory, Stereohören und Stereoschatten…was macht unser Gehör mit uns? Was sehen wir im Schwarzlichtspiegel (Klasse, wenn das einzige Weiße, was man trägt, das Unterhemd ist.)? Sehe ich aus jeder Position das gleiche? Ist ja wie im täglichen Leben, erst wenn du die Situation aus meiner Sicht siehst, kannst du meine Entscheidung tatsächlich verstehen.
Die „Magischen Magnete“ prägten den nächsten Bereich. Wie spielen sie mit Strom zusammen? Wie können sie Geschwindigkeit bestimmen? Und was macht hier ein Ei?
„Hin und her“ schwingt das Pendel…Sind es tatsächlich Geister, die es bewegen? Oder ist die Kraft ganz und gar irdischer Natur?
Draußen kann man sich auf Flaschenzugsitzen selbst heben…also…wenn das Wetter mitspielt und nicht alles wie heute eingeschneit ist.
Warum schwingt das Glas und kann der Strohhalm schweben? Und als Überleitung…welche Kraft kann eine Feder entwickeln?
Die Welt der Bewegung war nun der nächste Bereich. Juchhee – Drehstuhl, Drehplatte, beam me back – back to my childhood…zurück in die Kindheit mit ihren Erinnerungen. Der Drehstuhl bei der Oma, der bis zur Hingabe gequält wurde, die Drehplatte auf dem Spielplatz…schneller, schneller…
Schneller, höher und weiter…vor allem höher…hoch springen und knipps. Das Hochsprungfoto. Das will doch keiner sehen – diese verzerrten Gesichtszüge. Wohin führt die Kraft der Geschwindigkeit? Was macht sie mit Wasser?
Wo wir bei Kraft sind…was macht das Kraftspiel? Wie kommt die Post durchs Rohr? Bauklötze kann man hier nicht nur staunen. Hatte Archimedes eine Schraube locker? Kann man Steine hören? Was sind harte und was weiche Brücken?
Auch die „Luftbahnen“ locken zum Spiel. Zum Ballspiel, zum Spiel mit Ente, Taucher und Fisch. Welchen Klang hat Luft und welche Kraft? Kann sie kleben?
Und schließlich „Im Takt der Zeit“ das größte Kaleidoskop Europas und das Foucaultsche Pendel mit dem die Rotation der Erde nachweisbar ist.
Puh…all das…habt Ihr durchgehalten? Ein Anriss der möglichen Erlebnisse und sie nur zu lesen ist sicher weit weniger interessant, als sich wieder in die Zeiten der Maus und des Bauwagens von Peter Lustig zurückführen zu lassen, in die Zeiten des YPS-Heftes. Das Erleben macht einfach Spaß und birgt selbst für uns „Alte“ noch AHA-Effekte.
Mein persönlicher Favorit war der Mindball. Fußball spielen mit dem Kopf. Je entspannter man ist, desto sicherer ist einem der Sieg und ich war tiefenentspannt.
Nein, es ist echt so – man sollte sich mal mehr den Sehenswürdigkeiten und touristischen Zielen der Heimat widmen. Sie bieten mehr, als man glaubt.
Sei ein #Heimattourist!
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